Offener Brief: Menschenverachtender Sprachgebrauch über die Arbeitsmigration „Export/Import von Arbeitskräften“

Menschen sind keine Exportware. Wir sind gegen den Sprachgebrauch von „Export-Import von Arbeitskräften“ in den Medien!

Wir sind die Nachkommen von Arbeitsmigrant*innen aus den Philippinen, die seit den 1970ern nach Österreich und Deutschland kommen. Und wir sind Zeug*innen der Arbeit und der Opfer, die unsere Eltern erbracht haben, sowie der Hürden, die man ihnen in den Weg gestellt hat.

Wir sind von der Berichterstattung schockiert: 

  1. “Menschen importieren und exportieren” ist Menschenhandel. Diese Sprache sollte kein Medium und kein Mensch verwenden, sie kann und darf nicht Teil unseres normalen Sprachgebrauchs werden! Aber genau das wird passieren, wenn weiterhin so leichtfertig Wörter, die Menschen gleichsam als Handelsware kategorisieren, verwendet werden.
  2. Die philippinische Sichtweise, die Erfahrungen und Probleme der bereits seit vielen Jahren hier arbeitenden Menschen aus den Philippinen, die hier ihren Lebensmittelpunkt gefunden haben, kommt in den Medienberichten nicht vor. Medial erfährt man wenig bis gar nichts über die Menschen, die nach Österreich emigrieren. Stattdessen werden sie als naiv dargestellt, da sie angeblich dem Ruf von “Sound of Music” folgen. Insbesondere die Anfangszeit in einem fremden Land ist schwierig – das haben auch unsere Eltern vor Jahrzehnten erfahren. Wir sind entsetzt, dass nach 50 Jahren, seitdem unsere Eltern nach Österreich kamen, es kaum Verbesserungen gab. Frustrierend ist die Eingewöhnung an die Sprache und die Kultur, wenn man mit allen Bedürfnissen allein gelassen wird. Wieso werden die neu angekommenen Menschen nicht nach ihren Erfahrungen gefragt? Wo bleibt der professionelle Journalismus, der auch nach der Sicht der anderen Seite, der aufgrund von vagen Versprechungen und ungenauen Angaben von Rekrutierungsagenturen nach Österreich gekommenen Menschen fragt? Wir wissen, dass einige der im Frühling angekommenen Pflegekräfte wieder abreisen wollen, weil nicht klar ist, ob und wie sie entsprechend ihren Qualifikationen beschäftigt sind, ob ihre Familien nachkommen oder wie lange sie überhaupt in Österreich bleiben können. Ist das die Willkommenskultur Österreichs für dringend benötigte, hochqualifizierte Arbeitskräfte? 
  3. Marginalisierungen und Diskriminierungen sind ihre ständigen Begleiter – aber auch die unsrigen, der zweiten Generation. Diese Themen sollten mehr Raum in den Medien bekommen. Rassismus ist leider nach wie vor für Menschen mit asiatischem Migrationshintergrund im deutschsprachigen Raum allgegenwärtig.  

Deshalb unsere Bitte: 

Menschen sind keine “Exportware”! Die Import-/Export-Sprache ist bei Menschen zu vermeiden und sollte nicht salonfähig gemacht werden. Wir wünschen uns mehr Sensibilität, mehr Tiefe in der Berichterstattung und keine oberflächlichen Darstellungen, wenn über diese Menschen berichtet wird. Denn niemand wandert leichtfertig in ein 10.000km entferntes fremdes Land aus und lässt die eigene Familie hinter sich. Diese große Entscheidung liegt viel tiefer und verlangt mehr Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Respekt.

Für das HaloHalo Netzwerk:

Lisa Ante Pangan, Mariebeth Aquino, Marina Wetzlmaier, Francis Rafal, Andreas Schmitz, Charmaine Taus, Ritz Tidoso, Emma Weber, Kristine Castillanes-Sta. Maria, Stephanie Heid, Christine-Joahn Meier

weitere Netzwerke:

Noi-P.ch, Network of Integrated Pinoys Schweiz; 

UrbanNomadMixes, a Vienna-based diasporic alliance of performative transcultural artist-activists;

Rambak Austria; philippinenbüro e.V., PHILNETZ e.V.

 

Beispiele für menchenverachtenden Sprachgebrauch:

 

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English Translation:

 

Re: Dehumanising use of language about labour migration „export/import of labour“

 

We are the descendants of labour migrants from the Philippines who have been coming to Austria, Germany and Switzerland since the 1970s. And we are witnesses to the labour and sacrifices our parents have made and the obstacles that have been put in their way.

 

We are shocked by the reporting in Austrian media: 

  1. „Importing and exporting people“ is human trafficking. No media and no human being should use this language, it cannot and must not become part of our everyday language! But this is going to happen if words that categorise people as commodities continue to be used so carelessly.
  2. The experiences and problems of Filipinos who have been working in the German-speaking region for many years and who have found their centre of life here, are not mentioned in the media reports. The media tells us little or nothing about the people who emigrate and have emigrated to Austria. Instead, they are portrayed as naive because they are supposedly following the call of „Sound of Music“. The first period in a foreign country is particularly difficult – something our parents also experienced decades ago. We are shocked that after 50 years since our parents came to Austria, there have hardly been any improvements. It is frustrating to familiarise yourself with the language and the culture when you are left alone with all your needs. Why are these new arrivals not asked about their experiences? Where is the professional journalism that also asks for the views of the other side, the people who came to Austria on the basis of vague promises and inaccurate information from recruitment agencies? We know that some of the healthcare workers who arrived in spring want to leave again because it is unclear whether and how they will be employed according to their qualifications, whether their families will join them or how long they will be able to stay in Austria at all. Is this Austria’s welcoming culture for urgently needed, highly qualified workers?
  3. Marginalisation and discrimination are their constant companions – but also ours, the second generation. These issues should be given more space in the media. Unfortunately, racism is still omnipresent for people with an Asian migration background in German-speaking countries.

 

Therefore our request is: 

People are not „export goods“! Import/export language should be avoided when talking about people and should not be made socially acceptable. We would like to see more sensitivity, more depth in reporting and no superficial portrayals when reporting on these people. After all, no one emigrates to a foreign country 10,000 kilometres away and leaves their family behind lightly. This big decision is much deeper and requires more attention, appreciation and respect.

 

For the HaloHalo Network:

Lisa Ante Pangan, Mariebeth Aquino, Marina Wetzlmaier, Francis Rafal, Andreas Schmitz, Charmaine Taus, Ritz Tidoso, Emma Weber, Kristine Castillanes-Sta. Maria, Stephanie Heid

 

Supporters:

Noi-P.ch, Network of Integrated Pinoys Schweiz; 

UrbanNomadMixes, a Vienna-based diasporic alliance of performative transcultural artist-activists;

Rambak Austria; philippinenbüro e.V., PHILNETZ e.V.

 

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